Am Fuße des Geschriebensteins, inmitten der malerischen Idylle des Mittelburgenlandes liegt die Marktgemeinde Lockenhaus. Bereits um 1200 findet sich die erste urkundliche Erwähnung der Gemeinde Leuka. Umgeben von der waldreichen Landschaft des Günser Gebirges verbindet, die im Jahre 1492 gegründete, Marktgemeinde Lockenhaus eine turbulente Geschichte mit viel Kultur und Tradition. Zur Erhaltung dieser einzigartigen landschaftlichen Schönheit wurde das Gebiet 1996 in einem grenzüberschreitenden Dialog zum österreichisch-ungarischen Naturpark Geschriebenstein-Irottkö erklärt. Lesen Sie hier weiter
Mein Großvater als "Dorftrommler" in den 70er Jahren
Die Geschichte von Rita Loibl über ihren Großvater ist die erste burgenländische "Story" im "My House of European History". Die Kooperartion "Zeitsprünge & Brüssel" begann im April 2021, die ersten Beiträge können hier gelesen werden.
Erinnerungen an eine Ostarbeiterin - von Rita Loibl
Von den 1930er Jahren an führten meine Großeltern eine kleine Landwirtschaft, die sie von den Eltern meiner Großmutter übernommen haben. Für die Familie mit drei kleinen Kindern und der Altbäuerin reichte es gerade zu einem bescheidenen Leben. Als mein Großvater 1941 zum Kriegsdienst eingezogen wurde, war meine Mutter gerade einmal 6 Jahre und ihre beiden Brüder 2 und 1 Jahr alt. Also musste meine Großmutter die Landwirtschaft größtenteils alleine, nur mit Hilfe ihrer fast 70jährigen Mutter weiterführen. Meine Mutter musste mit ihren 6 Jahren auch schon fest mit anpacken.
Nun war es so, dass auch in Lockenhaus für solche Fälle Ostarbeiter zugewiesen wurden, da ein Überleben sich sonst schwierig gestaltet hätte. Nach Angaben meiner Mutter gab es in Lockenhaus 7 Ostarbeiter, die einige Jahre zum Einsatz zwangsverpflichtet wurden. Auch meiner Großmutter wurde ab 1942 eine Kraft zur Seite gestellt. Ihr Name war Fanasia Dichterenko, genannt „Fani“ und sie stammte aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Kiew.
Soweit sich meine Mutter erinnern kann, war der Anfang schwierig für alle Beteiligten, da Fani der deutschen Sprache nicht mächtig war. Der Zufall wollte es, dass ein Lockenhauser als Soldat im 1. Weltkrieg in Russland seine spätere Frau kennenlernte und mit ihr nach Hause zurückkehrte. Damit hat es eine Möglichkeit zur Verständigung gegeben, die meine Großmutter mit Fani des Öfteren nutzte, um das Notwendigste verständlich machen zu können. Mit der Zeit lernte Fani deutsch und hat sich, soweit es eben unter diesen Umständen möglich war, gut in die Familie und im Dorf integriert. Sie wurde wie ein Familienmitglied mit Respekt behandelt und hat im Haushalt und der Landwirtschaft fleißig mitgearbeitet. So konnte meine Großmutter in der Abwesenheit meines Großvaters die kleine Landwirtschaft weiterführen.
Eine weitere Entlastung für meine Großmutter war, dass Fani zum Teil von der Gemeinde eingekleidet wurde, wie in der Wanderpersonalkarte zu sehen ist. Die Ostarbeiter in Lockenhaus waren allesamt gut integriert und wurden auch gut behandelt. Keiner von ihnen musste die erniedrigende Kennzeichnung „OST“ auf der Kleidung tragen und alle fanden gemeinsam ein gutes Auskommen. Fani blieb, wie auch die anderen Ostarbeiter, bis zum Kriegsende 1945. Als russische Soldaten nach Lockenhaus kamen, wurde sie (auf Russisch) gefragt, wie sie von dieser Familie hier behandelt wurde. Sie versicherte ihnen, dass sie gut behandelt wurde und es keinerlei Schwierigkeiten gab, wie sie meiner Großmutter später übersetzte. Daraufhin wurde unsere Familie nicht weiter behelligt und kaum ausgeplündert – bis auf einen frischen Mohnstrudel, den meine Großmutter vor den Augen des Soldaten verkosten musste, um sicherzustellen, dass dieser auch essbar war. Fani gab an, zwei der Soldaten, die in Lockenhaus angekommen sind, aus ihrer Heimat zu kennen und sie mit ihnen nach Russland zurückkehren würde. Bald danach ist sie mit ihrer „Kollegin“ Paula, welche auch aus der heutigen Ukraine stammte und bei einer befreundeten Familie in Lockenhaus ihren Zwangsdienst absolvierte, gemeinsam mit den russischen Soldaten Richtung Ungarn abgereist. Ihr weiteres Schicksal ist uns leider nicht bekannt und meine Mutter hat nie wieder etwas von ihr gehört oder gesehen. Bis auf den Tag in den 1990er Jahren, als in einer österreichischen Tageszeitung ein Artikel zu lesen war, mit einem Bild aus Lockenhaus, wo meine Mutter „unsere Fani“ wiedererkannt hat. Sie hat die Redaktion der Zeitung angerufen und ihre Geschichte erzählt, woraufhin ihr die Kopie des Fotos aus dem Artikel zugeschickt wurde. Darauf zu sehen sind drei russische Soldaten und Fani (weißes Kopftuch) mit Paula. Dank Fani konnte meine Großmutter die Kriegsjahre einigermaßen gut überstehen, bis mein Großvater 1946 aus der französischen Kriegsgefangenschaft wieder gesund heimkehrte. Lockenhaus Hauptplatz 1900
Die Ansichtskarte ist wohl um 1900 gemacht worden, das Foto im Oktober 2018.
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl. Lockenhaus Hauptstraße um 1900
Hauptstraße Vergleich ca. 1900 - März 2021
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl. Lockenhaus Hauptplatz 1912
Hauptplatz Vergleich 1912 - 2018
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl. Lockenhaus Hauptplatz 1916 / Überschwemmung
Hauptplatz: Eine verheerende Überschwemmung im Juni 1916 verursachte allerdings nicht die große Güns, sondern der relativ kleine Marchgrabenbach, der sich durch einen Wolkenbruch in einen reißenden Sturzbach verwandelte, die Brücken am Hauptplatz mit sich fortriss und große Schäden anrichtete. Die Ansichtskarte ist von 1916, das Foto von 2018.
Hauptplatz Vergleich 1916 - 2018
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl. Lockenhaus Hauptplatz 1925
Hauptplatz im Vergleich: 1925 und März 2021
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl Lockenhaus Hauptstraße 1925
Hauptstraße im Vergleich: 1925 und März 2021
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl Lockenhaus Hauptstraße 1953
Hauptstraße im Vergleich: 1953 und März 2021
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl Lockenhaus Hauptplatz 1953
Auf dem Foto aus 1953 auf dem Hauptplatz sind zu sehen Oberamtsrat Perl (der zeigt) und Bürgermeister Franz Martin (mit Mantel) und Inhaber des Gemischtwarenhandels im Hintergrund. Die Dame ist nicht bekannt.
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl Lockenhaus Hauptplatz 1953
Dorfansicht im Vergleich: Juni 1953 und März 2021
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl
Hauptplatz Vergleich 1953 - 2021
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl. Lockenhaus Hauptplatz 1960
Hauptplatz Vergleich ca. 1960 - 2018
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl
Hauptplatz Vergleich 1992 - 2018
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl.
Hauptplatz Vergleich 1961 - 2018
Hur Verfügung gestellt von Rita Loibl. Friedhof 1920 vs. 2021
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl
Lockenhaus Obere Gasse
Obere Gasse 1920 - 2021
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl
Obere Gasse 1953 - 2021
Zur Verfügung gestellt von Rita Loibl Klostergasse
Die alte Aufnahme stammt von Juni 1953, die neue von Oktober 2018. In der Mitte, rechts ist das alte Kloster noch mit kleinem Vorgarten und Zaun zu sehen, bei der neuen Aufnahme nur mehr einige Stufen zur Türe.
zur Verfügung gestellt von Rita Loibl
Klostergasse - Obere Gasse
Im Vergleich 1953 und März 2021
zur Verfügung gestellt von Rita Loibl
Graben
zur Verfügung gestellt von Rita Loibl
Burg Lockenhaus.
Zwischen den Bildern liegen mehr als 100 Jahre. Das Foto rechts habe ich im Oktober 2020 gemacht. Das Bild links stammt von einer Ansichtskarte, wohl um 1910. Das Steinkreuz unterhalb der Burg wurde 1908 errichtet.
zur Verfügung gestellt von Rita Loibl
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